Kulinarisches Erbe Bayern e.V.

Bayerische Brezen in Israel?

Kulinarische bayerische Höhepunkte online vermittelt

„Genial, gutes Marketing“ und „Kann man in Israel echte Bayerische Brezen kaufen?“ waren einige der Chat-Eintragungen, mit denen die Teilnehmer des Online-Events des Büros des Freistaats Bayern in Israel die Präsentation eines der ältesten Kulturgüter Bayerns, der Bayerischen Breze, bedachten. Unter dem Motto „Bayern 20x20 Culinary Highlights“ wurden am 21. Januar drei mit emotionalen Bildern unterlegte Kurzvorträge gesendet, zu denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Events anschließend Fragen stellen und Bemerkungen abgeben konnten. Das Kürzel „20x20“ steht für 20 PowerPoint-Folien, die in jeweils 20 Sekunden kommentiert wurden. Entsprechend kurzweilig und „knackig“ waren die Vorträge. Neben der Bayerischen Breze wurden das Bayerische Bier und die Bayerische Lebensmittelqualität thematisiert. Referenten waren Dr. Wolfgang Filter (Geschäftsführer „Kulinarisches Erbe Bayern e.V.“), Marlene Speck (Bayerische Bierkönigin von 2015-2020) sowie Prof. Dr. Stephan Schwarzinger (Universität Bayreuth, Leiter der Arbeitsgruppe zur Qualität und Echtheit von Lebensmitteln und Materialien). „Culinary Highlights“ war der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe, mit der angesichts der Corona-bedingten Einschränkungen bei Präsentveranstaltungen den Interessenten und Interessentinnen in Israel der Freistaat Bayern und dessen viele Facetten online nähergebracht werden soll.

Dass man mit der Bayerischen Breze und dem Bayerischen Bier begonnen hat, ist kein Zufall, stellen sie doch zwei der wesentlichsten kulinarischen Kulturgüter des Freistaat Bayern dar. In den Köpfen sehr vieler Menschen, die sich Bayern als Urlaubsdomizil aussuchen oder einfach nur darüber lesen oder reden, ist der Freistaat mit den drei großen B, nämlich Berge, Bier und Brezen verankert. In diesem Konzert stellt die Breze eine Art Nationalgericht dar. Mit ihrer gold-braunen Farbe, der aufgerissenen röschen Oberfläche und dem schmackhaften, weichen Inneren ist sie aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und was ihren Produktionsort betrifft, die handwerklichen Bäckereien, so ist sie für diese eine Art „must have“. Seien wir doch mal ehrlich: Eine bayerische Bäckerei, die keine Brezen im Angebot hat, ist doch irgendwie keine „richtige“ Bäckerei – oder? Nicht umsonst ist die Breze das Wahrzeichen der Bäcker und ihrer Berufsstandsorganisation – nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland und auch vielfach in Österreich, der Schweiz und Südtirol.

Natürlich kann man sich trefflich drüber streiten, wie und wo die Breze entstand. Hat sie wirklich einen bei seinem Landesherrn in Ungnade gefallenen Bäcker vor dem Kerker bewahrt, weil er – wie vom Herrn gefordert – mit der Breze ein Gebäck erfand, durch das dreimal die Sonne scheint? Oder klingt die Version, wonach die Breze ein Fastengebäck ist, welches mit ihren verknoteten Ärmchen den betenden Armen der Mönche nachempfunden ist, letztlich doch wahrscheinlicher? Wie auch immer, in einem sind sich die Bayern sicher: Die Breze wurde in Bayern erfunden. Genauso sicher sind sich übrigens die Schwaben, denen zufolge die „Brezel“, wie sie dort heißt, ein baden-württembergisches Produkt ist. Als kulinarische Patrioten neigen wir natürlich der bayerischen Version der Geschichte zu.

Viel entscheidender ist, dass die Breze – wo immer sie auch entstand – ein reines Naturprodukt ist. Außer Weizenmehl, Salz, Hefe, Wasser, Fett (Butter oder Öl) und Backmalz (geröstete und vermahlene Getreidekeime) kommt nichts rein in den Brezenteig. Halt – so ganz stimmt das nicht, denn es gibt durchaus noch einige wenige Regionen in Bayern (und da sind wir wieder beim kulinarischen Erbe), in denen das Fett aus Schweineschmalz besteht. Doch auch das ist ein uraltes Naturprodukt. Nach dem Kneten und Ausformen werden die Teigstücke in Natronlauge getaucht. Jetzt kann man sie entweder schockfrosten auf eine Kerntemperatur von -18 °C und somit bevorraten, oder gleich frisch nach dem Bestreuen mit Brezensalz abbacken. Das Brezensalz eignet sich auch hervorragend zu philosophischen Gesprächen darüber, ob man es mitisst oder abkratzt. Egal wie: Es gehört auf die Breze wie das berühmte Salz in die Suppe. Die Backzeit ist relativ kurz, damit das Gebäck eine zart-rösche Kruste und eine „wattige“ Krume bekommt. Frisch abgebacken dauert das bei einer Backtemperatur von etwa 230°C so um die 12-14 Minuten. Waren die Teiglinge gefrostet, so schießt man bei ungefähr 180°C ein (d.h. setzt sie in den Ofen) und bäckt die Brezen bei auf ca. 220°C steigender Hitze etwa 14-16 Minuten. Klingt einfach und ist es bei idealen Verhältnissen auch. Doch leider ist die Breze ein sehr hygroskopisches Gebäck, d.h. es reagiert extrem auf das Wetter – speziell auf die Luftfeuchtigkeit. Deshalb erfordert es schon fachmännisches Können, auch unter widrigen Verhältnissen richtig rösche und damit „echte“ Bayerische Brezen zu backen. Die Stellschrauben des Profis sind u.a. Teigkonsistenz, Backtemperatur und Backzeit.

Die zentrale Frage ist: Wie kommt der Knoten in die Breze? Bäckerlehrlinge lernen das anhand einer „Flechtanleitung“, in der man die Teigstränge mit einer Verkreuzung so übereinander legt, dass sie das allseits bekannte Aussehen erreichen. Sehr lange sollten sich Lehrlinge damit jedoch nicht aufhalten, denn wer als Bäcker überleben will, muss wirtschaftlich produzieren. Deshalb wird die Flechtanleitung durch tägliches Üben sehr schnell überflüssig und durch das sogenannte Brezenschlingen ersetzt. Bei dieser Arbeitsweise wird der Teigstrang hochgehoben und in der Luft mit einer gekonnten Drehung verknotet. Je nach maschineller Vorleistung beim Herstellen der Teigstränge variiert die Minutenleistung zwischen 5-6 und 30 Stück. Natürlich gibt es (übrigens für viel Geld) auch Brezenschlingmaschinen – aber die findet man nur in wenigen großen Betrieben, die in der Regel nicht das sind, was man typischerweise unter Handwerk versteht.

Die Tatsache, dass die Bayerische Breze über Jahrhunderte ihr charakteristisches Aussehen und ihre speziellen Eigenschaften bewahrt hat, hat ihr im Jahre 2014 die Einstufung als „geschützte geografische Angaben (g.g.A.) durch die Europäische Gemeinschaft eingebracht. D.h. Brezen dürfen nur dann als Bayerische Brezen (auch in der Schreibweise Brezn, Brez’n und Brezel) bezeichnet und als solche verkauft werden, wenn sie im Gebiet des Freistaats Bayern mit der oben beschriebenen Spezifikation hergestellt wurden. Damit grenzen sie sich zugleich gegenüber anderen Brezenprodukten wie etwa der bereits erwähnten schwäbischen Bretzel ab, die mit einem etwas höherem Fettanteil und einem dickeren Bauch mit dünneren, niedriger angesetzten Ärmchen viel weicher abgebacken wird.

Wenngleich die original Bayerische Breze unverändert hergestellt und bei den meisten Bäckereien immer noch den stärksten Beitrag zum Brezenumsatz beisteuert, haben sich daneben zahlreiche Innovationen entwickelt. Diese reichen von verschiedenen Toppings wie Sesam, Mohn, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne und Käse als Ersatz für das Brezensalz bis hin zu Snack-Variationen mit unterschiedlichsten „Füllungen“, die schon längst über die klassische Butterbreze hinausgehen und sowohl die Wurst- und Schinkenliebhaber als auch via Rucola, Schnittlauch, Salat, Frischkäse und andere Belege die Verfechter der vegetarischen und auch der veganen Ernährungsweise begeistern. Dass die Bayerische Breze ebenso die ideale Beigabe zur Weißwurst und auch zu Wurstsalat, Obatzda und weiteren Biergartenklassikern ist, versteht sich von selbst.

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