Kulinarisches Erbe Bayern e.V.

Tradition mit Leben füllen

Wenn Kerstin Pilarzyk über Kulinarisches Erbe spricht, merkt man ihr die Leidenschaft für ihre Heimat und das, was dort wächst, angebaut und verarbeitet wird, bei jedem Wort an. Die Inhaber-Geschäftsführerin des Braugasthofs "Der Grosch" im oberfränkischen Rödental, den sie gemeinsam mit Ihrem Mann Christof betreibt, ist nicht nur Wirtin, sondern auch Genussbotschafterin der Genussregion Oberfranken. Bei aller Begeisterung für die Gesamtregion betont sie aber nicht ohne Stolz, dass die Region Coburg doch noch etwas Besonders ist. Dies hat vor allem historische Gründe, denn Coburg - ehemals selbst Freistaat - ist erst seit 1920 bayerisch. So gibt es auch im Kulinarischen Bereich durchaus Eigenständigkeiten, die man woanders nicht findet. Vornan stehen natürlich die Coburger Bratwurst und die Coburger Klöß, die sogenannten Rutscher. Die Herstellung dieser Klöße ist sehr aufwändig - eine Mischung aus geriebenen rohen Kartoffeln und gekochten Kartoffeln, die mit dem Kochwasser zu einem zähen Brei gemust und dann nach und nach mit dem Kloßschläger unter die rohen Kartoffeln geschlagen werden. Als Gastronom im Coburger Land sollte man diese Klöße unbedingt auf der Speisekarte haben, denn ihretwegen gehen viele Einheimische gerne ins Wirtshaus, da sie den Aufwand daheim nicht mehr treiben wollen. Dazu gibt's dann Braten wie z.B. den traditionellen Sauerbraten, der im Vergleich zum rheinischen saurer eingelegt wird - aber zur Soße werden dann auch wie im Rheinland Lebkuchen gegeben. "Ohnehin spielt die Soße im Coburger Land eine viel größere Rolle als im Norden" wirft Christof Pilarzyk ein. Und da kommt dann der Kloß zum Einsatz. Auch wenn man's wegen der Rutschigkeit nicht glaubt, braucht er viel Soße. Der Kloß saugt die Soße auf, deshalb wird sie auch traditionell immer nachgereicht. Das hat auch eine gewisse historische Dimension, denn früher, so Christof Pilarzyk, war Fleisch sehr teuer und die Fleischportionen folglich deutlich kleiner als heute. Früher aß man sich hauptsächlich mit Kartoffeln/Klößen und Soße satt. Und deshalb müssen Fleisch und Soße in der Gastronomie hausgemacht sein, nur dann hat man den typischen Geschmack. 

Was wäre gutes Essen ohne das passende Bier dazu? Beim "Grosch" können die Gäste beides genießen, denn bereits seit 1492 wird dort gebraut. Um ihren Gästen das passende Bier zur Speise empfehlen zu können, und damit den Besuch in ihrem Braugasthof zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen, haben Kerstin und Christof Pilarzyk 2012 die Ausbildung zum Biersommelier absolviert. So sehr der Gast im Mittelpunkt steht - die Pilarzyks sehen sich in erster Linie als Gastgeber -, so wird zudem sehr darauf geachtet, dass die Mitarbeiter Spaß an der Arbeit haben. Das ist das Erfolgsgeheimnis - und das spüren auch die Gäste. Wer in ein Haus kommt, in dem gerne gekocht wird, der fühlt sich dort wohl. Und dass es schmeckt, dafür sorgen alle gemeinsam: Alle Gerichte, die auf der Speisekarte stehen, wurden zuvor gemeinsam mit den Mitarbeitern probiert und getestet. Ein neuer Zug ist die Verarbeitung ganzer Tiere. Damit sollen neue Akzente gesetzt werden.

Kulinarisches Erbe bedeutet für Kerstin und Christof Pilarzyk das Herstellen traditioneller Gerichte mit neuen, zeitgemäßen Mitteln, was oftmals auch zu einer besseren Qualität der Speisen führt. So wird ein Braten, den man über mehrere Stunden im Bräter bei 80 bis 100 Grad vor sich hin braten lässt, viel saftiger und wohlschmeckender als früher, wo er in 2 Stunden fertig sein musste. Beim "Grosch" nimmt man die Tradition als Basis und entwickelt sie dem Zeitgeist entsprechend immer weiter. Das beinhaltet auch durchaus, dass man einzelne Gerichte, die früher getrennt gegessen wurden, heute miteinander kombiniert und dadurch ganz neue Geschmackserlebnisse bekommt. In einem Satz ausgedrückt: Tradition mit Leben füllen!

Die Speisekarte zur Aktion "Kulinarisches Erbe auf dem Teller " beinhaltet beim "Grosch" eine gelungene Kombination aus Speisen und Getränken. Der Fränkischen Kartoffelsuppe mit gebratenen Speckwürfeln folgt das Rindfleisch vom Angus-Rind aus der Region mit Merch und Klößen und hinterher eine Malzbiercreme mit Pflaumenkompott. Dazu werden vier Biere aus der hauseigenen Brauerei empfohlen. Wohl bekommt's!