Kulinarisches Erbe Bayern e.V.

Treffen der kulinarischen Schatzbewahrer

„Kulinarische Schätze haben ein ganz großes Potenzial und genießen viel Wertschätzung“. Mit dieser Feststellung eröffnete der Leiter des Kompetenzzentrums für Ernährung (Kern), Guido Winter, das erste Treffen der kulinarischen Schatzbewahrer Bayerns, das am 26. Mai 2019 in Regensburg stattfand. Neben dem Kern als Veranstalter und den beiden Kooperationspartnern Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Slow Food Deutschland sowie zahlreichen Teilnehmerorganisationen war auch das Kulinarische Erbe Bayern e.V. (KEB) vertreten. KEB-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Filter hatte die Aufgabe übernommen, die Referate und die Ergebnisse der Workshops zusammen zu fassen und einen Ausblick auf die Schatzbewahrer-Aktivitäten 2019 zu geben.

Ein wesentliches Ziel des Treffens war – wie es Prof. Dr. Richard Balling, Leiter des Referates Markt und Qualitätspolitik, Pflanzliche Märkte im Bayerischen Ernährungsministerium ausdrückte – die Inwertsetzung alter Rassen und alter Sorten. Er sieht dies nicht als Modeerscheinung, sondern als langfristige Herausforderung. Das Verständnis hierfür wächst in der Bevölkerung. Dies beweist auch die Tatsache, dass diejenigen, die sich an öffentlich geförderten Programmen beteiligen, auch nach Wegfall der Anfangsunterstützung weitermachen.

Barbara Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, brachte es mit der Feststellung „Wenn kulinarische Schätze ihre Zeit nicht jetzt haben, wann dann?“ auf den Punkt. Wichtig ist ihr, die Vielfalt auf dem Teller zu bewahren, denn sie ist Garant des Geschmacks. Hudson sieht die Ernährungssouveränität der Verbraucher bedroht, wenn die Vielfalt der Ernährung verloren geht. Zur Wahrung dieser Vielfalt bedarf es ihrer Ansicht nach unter anderem auch „altmodischer“ Zutaten und verantwortungsvollen Konsumentenverhaltens.

Prof. Dr. Tobias Chilla von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen stellte die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu den Marktpotenzialen von Nischenprodukten vor. Anhand der sechs Regionalprodukte Aischgründer Karpfen, Rhönschaf, Bamberger Hörnla, Fränkisches Gelbvieh, Sennalpkäse und Laufener Weizen zeigte er auf, dass es höchst unterschiedliche Antworten gibt auf die Frage, wann ein Nischenprodukt wieder etabliert ist. Ohne Idealismus – zumindest in der Anfangsphase – geht es nicht. Doch der alleine reicht nicht; es muss „auch die ökonomie mit hineinkommen“.

Was früher häufig auf den Tisch kam, bestimmten in der Regel die geografischen und klimatischen Verhältnisse – wußte Bettina Kraus, zuständig für Museums- und Umweltpädagogik im Oberpfälzer Freilichtmuseum, zu berichten. Viel Einfluß hatten zudem stromunabhängige Konservierungsverfahren wie Einsäuern, Räuchern, Trocknen, Gären usw. „Wir lernen das zu mögen, was wir häufig essen“ lautete ihre Erkenntnis. Die kulinarische Abwechslung kam dann mit den Feiertagen. Als besonderen Ort der Pflege der traditionellen Ernährung sieht sie das Wirtshaus.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat es sich laut Dr. Klaus Fleißner zur Aufgabe gemacht, mehr Saatgutvielfalt an die Landwirte zu geben, damit sie im ursprünglichen Herkunftsgebiet wieder angebaut werden. Dabei liegt der Fokus auf den ökologischen Effekten alter Sorten und auf die Besetzung von Nischen. Allerdings bieten alte Sorten auch ökonomische Möglichkeiten – da ist er sich ganz sicher. Man müsse nur aufpassen, dass der Platz der kleinen Erzeuger, die in der Region tätig sind, nicht durch die Global Player kaputtgemacht wird.

„Bauer ist kein Beruf, sondern eine Berufung“ eröffnete Florian Reiter vom Chiemgauhof Locking seinen Vortrag über die Wertschöpfungskette Zweinutzungshühner. Weil er das, was er macht, gleich richtig machen und passend zum eigenen Hof die richtigen Tiere haben wollte, kam er zum Rassehuhn „Les Bleues“. Reiter betreibt seit 2007 den erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnten Hof in tiergerechter und ressourcenschonender Wirtschaftsweise – „für die Zukunft einer verantwortungsvollen Landwirtschaft und unserer Kinder“ wie er hinzufügt. Zur Vermarktung seiner Erzeugnisse bedient er sich unter anderem auch großer Konzerne und Handelsbetriebe, deren Vorteil seiner Erfahrung nach in einer systematischen und strukturierten Arbeitsweise liegt.

Wie so etwas aus Sicht eines Konzerns aussieht, berichteten Vera Pollmanns und Simone Münsterer von der Rewe Group. Der Konzern legt Wert auf regionale/lokale Lieferanten und versteht Regionalität als Geschäft mit fairen Partnerschaften auf Augenhöhe. Dass das in der Praxis nicht immer ganz leicht umzusetzen ist, liegt vor allem an der Herausforderung, stetige Veränderungen im Sortiment mit steigender Artikelzahl bieten zu müssen.

In den drei abschließenden Workshops gingen die Teilnehmer den Fragen nach, wie man über eine lange Zeitspanne die Motivation der Akteure aufrecht erhält, welche Instrumente funktionieren und was fehlt und welche Unterstützung die Akteure brauchen, um bei Nischenprodukten Erfolg zu haben.


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