Kulinarisches Erbe Bayern e.V.

Renaissance traditioneller Speisen

Renaissance traditioneller Speisen

„Zu fett“, „rückwärtsgewandt“, „zu aufwändig“, „viel zu üppig“ oder „paßt nicht mehr in die Zeit“ lauten viele Kommentare, wenn von Rezepten aus der guten alten Zeit oder Essen wie bei Oma die Rede ist. Ebenso oft hört man aber genau das Gegenteil – nämlich „damals kam man völlig ohne Geschmacksverstärker aus“ oder „Gemüse hat wirklich noch nach Gemüse geschmeckt“ u.v.a.m. Diese vermeintliche Widersprüchlichkeit verwundert nicht, denn Essen und Geschmack gehört zum Individuellsten, was der Mensch hat. Da hat jeder seine eigenen Erfahrungen, seine eigene Philosophie und seine eigene Meinung.

Wenn sich jedoch die professionellen Anbieter von Essen, die Gastronomen, immer mehr auf kulinarische Leckerbissen und Grundregeln des Kochens aus der guten alten Zeit besinnen, dann steckt dahinter schon eine wahrnehmbare Präferenz der Gäste. Die Gastronomie lebt von ihren Gästen und wird deshalb nicht leichtfertig jedem Trend nachlaufen. Nein: Das, was seit einiger Zeit in zunehmendem Maße im gastronomischen Bereich zu beobachten ist, könnte sich bei nachhaltiger Ausprägung zu einer Art Renaissance traditioneller Speisen entwickeln. Immer mehr Verbraucher besinnen sich auf Tradition und Regionalität und damit auf Ehrlichkeit und Authentizität. Als prominenter Zeuge sei hier der österreichische Spitzenkoch Johann Lafer zitiert, der unlängst verlauten ließ, dass er sich gastronomisch völlig neu orientieren will. „Ich gehe zurück zu meinen Wurzeln. Ich will mich der Vision einer traditionellen, aber dennoch modernen Küche widmen“ ließ er sich in der Süddeutschen Zeitung vom 16.01.2019 zitieren und beschwor damit die „Kunst der einfachen Küche“. 

Der Verein „Kulinarisches Erbe Bayern“ widmet sich seit seiner Gründung im Jahr 2010 Rezepten, Sorten und Rassen aus alter Zeit, die es wert sind, für die Nachwelt bewahrt und mit neuem Leben erfüllt zu werden. In der letzten bayernweiten Gastro-Aktion „Kulinarisches Erbe auf dem Teller“, die im Herbst 2018 unter Beteiligung von Gasthäusern aus allen sieben bayerischen Regierungsbezirken lief, wurde beispielhaft vorgeführt, was das genau bedeutet. Denn so einfach, wie es klingt, ist es in der Praxis nicht.  „Wenn man nur das Alte wieder auskramt, macht das nicht so wahnsinnig viel her. Es muss schon so sein, dass es die Brücke in die Zukunft schlägt“ beschreibt Ulli Portenlänger vom Alten Wirt in Grünwald bei München das Erfolgsrezept, um  das kulinarische Erbe im Hier und Heute zu verankern. Seine Mitstreiter bei der Aktion „Kulinarisches Erbe auf dem Teller 2018“ drücken es ähnlich aus. Wenn bspw. Sternekoch Alexander Huber vom Huber-Wirt im oberbayerischen Pleiskirchen klassisch kocht, dann so, wie er es von seiner Oma und seiner Mutter kennt. Zwar mit neuen modernen Zutaten und vielleicht etwas feiner, aber ihm ist es schon wichtig, "die klassische DNA der Gerichte sehr stark zu haben" wie er es ausdrückt. So sehen es auch Andrea Reisinger-Hoffmann und Wolfgang Reisinger vom Hoffmann`s Keller im mittelfränkischen Spalt. Beide kommen aus der Sterne-Gastronomie und wurden Ende 2018 vom renommierten Restaurantführer Gault-Millau als Neueinsteiger mit 14 Punkten und einer Haube ausgezeichnet. Auch sie fühlen sich der Natürlichkeit und den bodenständigen Rezepturen der Vorfahren verpflichtet, passen aber die traditionelle fränkische Küche Schritt für Schritt an ihre Vorstellungen an. „Wir verändern uns ja auch, also muss sich unser Wirtshaus auch mit uns verändern“ sagen sie.

Mehr Stimmen und Ansichten zu dem, was kulinarisches Erbe in der heutigen Zeit bedeutet und wie man es auf den Tisch bringt, finden sich in den Berichten zur Aktion „Kulinarisches Erbe auf dem Teller 2018“ unter dem Stichwort „Nachschlag“ http://kulinarisches-erbe-bayern.de/kulinarisches-erbe-bayern-auf-dem-teller-2018.html). Die Erkenntnis aus allem hat Gastronom Florian Knüsli vom Gasthof Zum Hirsch in Görisried im Allgäu auf den Punkt gebracht:  „Tradition kann nur gelebt werden, wenn sie sich weiterentwickelt“! Nur dann wird es gelingen, das Ohr der Gästen/Verbrauchern zu erreichen und ihnen bewußt zu machen, was hinter dem Essen steckt, wo es herkommt und wie es zubereitet wird. Und genau das hat sich der Verein „Kulinarisches Erbe Bayern“ auf die Fahnen geschrieben.

 


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